Besondere Hobbys

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Bild: Sven Bachmann

Jeder kennt sicherlich Fußball, Gitarre oder Computerspiele spielen als Hobby, aber es gibt ja auch noch ganz andere Dinge, die man in der Freizeit unternehmen kann, die aber vielleicht nicht ganz so bekannt sind. Deshalb habe ich dazu aufgerufen, wenn ihr eines habt, euer besonderes Hobby mit uns zu teilen. Also schrieb ich eine Mail mit dem Betreff „Ausgefallene Hobbys“, was zu Missverständnissen führte. Ich meinte nicht, nicht stattfindende, sondern besondere Hobbys, worauf mich eine Mitschülerin aufmerksam machte. Nach der zweiten Mail und ein paar Wochen Schreib-Zeit kommen hier nun zwei interessante Artikel.

Eva (6. Jahrgang)

Color-Guard


Ich bin Emily. Als ich 5 Jahre alt war, habe ich das Guard tanzen für mich entdeckt. Die Guard (oder auch Color-Guard) ist im Prinzip in der Marching-Band-Szene die vorderste Front, die mit bunten Flaggen (flags), schönen Kostümen und immer gut drauf zur gespielten Musik eine Choreographie mit den Flaggen zu dem Lied machen. (Marching Band kennt man vielleicht von Stormarn Magic, es kommt aus dem Amerikanischen und der dortigen Sportszene zum Beispiel.) Die Flagge ist immer ein Stück länger als man selber. Man dreht diese mit einer bestimmten Bewegung in verschiedenen Richtungen vor und auch hinter dem Rücken, aber auch mal werfend durch die Luft. Die schon besseren und erfahreneren Tänzer haben auch Rifles (eine Art Holzgewehr) oder auch Schwerter, mit denen sie in der Luft umher schwingen. Ich finde die Guard echt toll, da man immer in Bewegung sein kann, sich konzentrieren muss und auch bei vielen Veranstaltungen dabei ist. Hier bei uns in Oldesloe kann man die Guard gut beim Vogelschießen beziehungsweise bei dem Umzug sehen. Leider gibt es in Bad Oldesloe selbst bisher nur einen Verein, der das Guard tanzen anbietet. Und da der Verein viel für Auftritte üben muss (außerhalb der Pandemie – teilweise drei Stunden und mehr in der Woche) ist es schwer, jemanden zu finden, der einem das richtig gut beibringen kann. Ich selbst übe gerne im Garten, damit ich nichts verlerne und nicht aus der Übung komme.

Emily (5. Jahrgang)

Go


Mein Name ist Sven Bachmann. An dieser Schule bin ich neu und deswegen passt es gut, dass ich mein Hobby kurz vorstellen darf, denn ich kann so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Ich habe wie jeder Mensch mehrere Hobbys. Über zwei davon lohnt es sich kaum, mehr als einen Satz zu schreiben, so gewöhnlich sind sie: Fußball und Gitarre spielen. Zum Fußball sage ich nichts. Über Gitarren kann man sich immerhin unterhalten, denn jede Gitarrist:in hat Lieblingsmodelle und -marken.
Mein ausgefallenes Hobby hat einen alltäglichen Namen. Es heißt Go. Wer es nicht kennt, spricht es immer aus, als wäre es ein englisches Wort, und dann komme ich regelmäßig in Gewissenskonflikte, ob ich im Gespräch darauf hinweisen soll oder nicht, und meistens lasse ich es, weil man in diesem Land auch schnell als Besserwisser abgestempelt wird, auch wenn man es wirklich besser weiß. Der Name ist jedenfalls ein japanischer. In China heißt das Spiel Weiqi, in Korea Baduk. Ich habe es – wie die meisten Go-Spieler – im Studium kennengelernt. Früher hatte man als Student noch jede Menge Zeit, andere Dinge neben dem Studium zu lernen…
Wenn ich es erklären soll, sage ich meistens, es ist wie Schach, nur ganz anders. Gleich ist: Beides sind Brettspiele, beides spielt man zu zweit, bei beiden Spielen sitzt man lange auf einem Fleck, ohne sich zu bewegen, bei beiden muss man auch furchtbar viel überlegen, und am Ende gewinnt der eine und der andere ärgert sich. Bei beiden Spielen ist das Schlimme, dass man, wenn man verloren hat, keinem Schiedsrichter, keinem Würfel und auch sonst niemandem die Schuld geben kann, nur sich selbst. Man war dann einfach zu schlecht.
Und da kommen wir auch schon zu den Unterschieden. Denn wie es bei asiatischen Gepflogenheiten so üblich ist, besitzen sie eine lange Tradition und haben eine große Bedeutung und über das Go-Spiel haben schon kleine Königreiche den Besitzer gewechselt, was sehr praktisch ist, denn man spart sich das Blutvergießen der Bevölkerung. Nur der Verlierer hat dann manchmal noch sein eigenes Blut vergossen…
Es gibt auch keine Spielfiguren wie beim Schach, nur schwarze und weiße Steine, die aussehen wie Mentos-Drops, aber ungenießbar sind. Man setzt auch nicht auf irgendwelche Felder wie beim Schach, sondern auf Schnittpunkte eines Linien-Gitternetzes. 19×19 Linien gibt es und deswegen hat man beim ersten Zug 361 Zugmöglichkeiten, von denen fast alle keine gute Wahl sind. Ihr könnt mein Auto auf dem Lehrerparkplatz jetzt schon ganz leicht identifizieren. Wenn ein Stein einmal gesetzt worden ist, bewegt er sich nicht mehr, sondern bleibt dort wie ein Fels in der Brandung stehen, bis das Spiel beendet ist oder er wie ein Fels weggesprengt, sprich geschlagen wird.
Am Ende geht es darum, mehr Punkte zu haben als der Gegner. Bis es soweit ist, gehen ca. 250 Züge ins Land. Das Bild zu diesem Artikel vermittelt einen guten Eindruck einer Partie, die schon fast fertig ist.

Go ist viel komplexer als Schach. Das hören die Schachspieler meist nicht so gern, stimmt aber. Es gibt nämlich viel mehr Zugmöglichkeiten als beim Schach. Vielleicht ist es deshalb auch so wenig bekannt. Für Asien stimmt das übrigens nicht, dort spielen es unglaublich viele Menschen und es gibt Profi-Ligen, Go-Schulen und sogar Fernsehkanäle, die nur Go im Programm haben. Aber der Rest der Welt hält sich zurück beim Gospielen. Berühmtheit hat es zu Beginn dieses Jahrtausends bei der Jugend erhalten, weil es einen sehr erfolgreichen Manga/Anime gegeben hat, der auch in Europa großen Anklang fand (Hikaru No Go). Vor einigen Jahren hat dann Google dafür gesorgt, dass Go als besonders komplexes Spiel wirklich bekannt wurde, denn Google hat eine KI programmiert, die sich das Spiel selbst beibringt und dann auch noch die stärksten Profis schlägt, was bis dahin noch keinem Programm auch nur in Ansätzen gelang. Denn während es schon lange Schachprogramme gibt, gegen die kein Mensch mehr gewinnen kann, war das beim Go nicht der Fall.
Fazit: Wer Go lernen will, braucht Geduld und die Fähigkeit, auch mal mehr als fünf Minuten irgendwo sitzen zu bleiben, ohne nervös zu werden. Aber vor allem darf man sich nicht ärgern, wenn man verliert, denn das passiert zu Beginn regelmäßig.
An meiner alten Schule hatte ich immer eine Go-AG – vielleicht gibt es so etwas hier ja auch mal… Wer ernsthaft Interesse hat, das Spiel zu lernen, darf mir gern schreiben. Wenn sich genügend von euch finden, schauen wir mal, ob wir etwas auf die Beine stellen können.


(Sven Bachmann)

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